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Alexandre G. Vilas Boas

Einfach und harmlos? Nur auf den ersten Blick.

In seinen kräftigen Zeichnungen setzt sich Alexandre Gomes Vilas Boas überzeugend kritisch mit der katholisch orthodoxen Kirche auseinander. Mit erstaunlich expressivem Strich sehen wir biblische Szenen, die in andere Sinnzusammenhänge überführt werden. So etwa in der S/W-Zeichnung Luoco da Matriz II, in der es so aussieht als würde Jesus Christus in Jerusalem auf dem Esel einreiten. Der Titel Der Verrückte von Matriz verweist jedoch eindeutig auf die größte und wichtigste katholische Kirche in Uruguay, in der der Staatsgründer Artigas getauft wurde. Eine andere Zeichnung heißt Seelen zu vermieten und zeigt einen Mann, dem wir in den Leib schauen können, wo mehrere Seelen beheimatet sind.

In einer weiteren speit ein dickleibiger Mann einen Fisch aus. Diese Szene erinnert sofort an die ersten Jünger und Nachfolger Jesu, die Apostel. Sie waren Fischer vom See Genezareth und Jesus machte sie zu Menschenfischern. Ebenso lässt diese Zeichnung die Geschichte von Jona im Alten Testament lebendig werden: drei Tage und drei Nächte musste der ungehorsame Prophet im Bauch des Fisches bleiben, bevor er ausgespuckt wurde. Der Fisch ist auch Zeichen der Abendmahlsgemeinschaft. Jesus speiste Fünftausend mit Brot und Fisch. Und der Fisch steht für Jesus selbst: griech. ichthys=Fisch, aber auch Jesus Christus Theos/Gott, Uios/Sohn, Soter/Retter. Zynisch betitelt Vilas Boas diese Zeichnung mit Experten und schafft damit unmittelbar politische Bezüge in die Gegenwart.

Derart gibt sich jede seiner zunächst so einfach und harmlos erscheinenden Zeichnungen bei näherer Betrachtung als komplexes Sinngefüge zu erkennen, in denen Vilas Boas kenntnisreich unsere Kulturgeschichte, unseren Glauben wie auch die Gegenwart kritisch beleuchtet.


Text : Dr. Stefanie Lucci

(Image: Alexandre G. Vilas Boas)

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